Blasenschwäche ist für viele ein Tabu. Doch es lohnt sich, das Thema in der Apotheke anzusprechen.
Inkontinenz, also Blasenschwäche, mag für viele ein unangenehmes Thema sein. Aber lassen Sie uns darüber reden. Denn es gibt gute Möglichkeiten gegenzusteuern, zum Beispiel durch Stärkung der Beckenbodenmuskulatur.
Verständlich, dass es Betroffenen unangenehm ist, wenn hin und wieder in paar Tropfen Harn oder auch mehr verloren gehen. Das betrifft nicht nur ältere Menschen, deren innere Muskulatur und Bindegewebe nicht mehr so kräftig sind. Auch die nervliche Steuerung der Blasenfunktion kann mit den Jahren nachlassen. Doch auch viele jüngere Frauen kennen das Problem. Vor allem nach der Geburt ist Inkontinenz häufig und besonders dann, wenn die Geburt schwer war und lange gedauert hat.
Ein höheres Risiko für Blasenschwäche nach der Geburt haben auch Frauen, die vor der Schwangerschaft Übergewicht hatten oder währenddessen stark zugenommen haben. Auch wer an bestimmten Krankheiten leidet wie Multipler Sklerose oder Parkinson, kann davon betroffen sein. Ein erhöhtes Risiko besteht zudem bei häufigen Harnwegsinfekten oder nach einem Schlaganfall.
Belastungs- oder Dranginkontinenz?
Wenn wie nach der Geburt, bei Übergewicht oder im Alter ein geschwächtes Bindegewebe und eine schwache Muskulatur des Beckenbodens die Ursache einer schwachen Blase sind, spricht man von Belastungsinkontinenz. Denn hier kommt es vor allem bei Belastungen wie Sport, Tragen schwerer Gegenstände oder auch Niesen und Husten zum Harnverlust.
Bei einer anderen Form der Blasenschwäche, der Dranginkontinenz, entsteht der Harndrang dagegen ganz plötzlich, ohne dass die Blase voll ist. Der Drang kann, wenn überhaupt, nur mit Mühe unterdrückt werden und oft geht unwillkürlich Harn verloren. Man spricht dann auch von Reizblase. Vermutlich sind hormonelle Veränderungen, äußere Reize wie Kälte oder auch seelische Belastungen Auslöser. Bei Männern ist meist eine vergrößerte Prostata die Ursache.
Die inneren Muskeln stärken
Probleme mit der Blase werden gerne verschwiegen. Selbst die meisten Frauen, die nach einer Geburt eine schwere Inkontinenz entwickeln, sprechen laut einer Untersuchung nicht mit ihrem Arzt oder ihrer Ärztin darüber. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten, etwas dagegen zu unternehmen. So kann zum Beispiel eine Stärkung der Beckenbodenmuskulatur durch gezielte Gymnastik – Core-Training oder Beckenbodentraining – die Beschwerden effektiv lindern und leichtere Probleme sogar vollständig beheben. Denn durch das gezielte Training wird die dreischichtige Beckenbodenmuskulatur im Unterleib gestärkt, die wie eine Acht geformt ist und so die Körperöffnungen verschließt und Blase und Gebärmutter stützt.
In manchen Fällen der Inkontinenz kommen ärztlich verschriebene Medikamente, Elektrostimulation oder eine Operation infrage. Bei Dranginkontinenz hilft zudem ein Blasen- und Toilettentraining, den Harndrang in den Griff zu bekommen.
Effektiv: Beckenbodentraining
Die folgenden Beckenbodenübungen können Sie selbst zu Hause durchführen. Wichtig ist, dass Sie die Beckenbodenübungen regelmäßig machen, am besten täglich zweimal 10 bis 20 Minuten dafür Zeit nehmen. Wem es schwerfällt, allein zu üben, kann nach Kursen der Volkshochschule, bei ausgebildeten Hebammen oder im Sportverein schauen. Um das Risiko für Blasenschwäche nach einer Geburt gering zu halten, sollten Frauen schon in der Schwangerschaft und dann wieder wenige Wochen nach einer Geburt mit Beckenbodentraining beginnen.
Den Beckenboden erspüren
Falls Beckenbodentraining für Sie neu ist, versuchen Sie zunächst, ein Gespür für den Beckenboden und die Lage der Muskulatur zu bekommen. Kneifen Sie dafür einmal die Schließmuskeln der Harnblase zusammen, so, als ob Sie den Harnstrahl beim Wasserlassen unterbrechen wollten. Dabei spannen Sie automatisch auch die Beckenbodenmuskeln an. Jetzt haben Sie ein Gespür für die inneren Muskeln, auf die es beim Training ankommt und können loslegen:
Setzen Sie sich auf ein aufgerolltes Handtuch. Spannen Sie den Beckenboden bei jedem Ausatmen an. Der Körper hebt sich dabei ein klein wenig. Beim Einatmen wieder entspannen. 8-mal wiederholen.
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Stellen Sie sich aufrecht hin. Die Füße stehen schulterbreit auseinander, die Hände liegen auf dem Gesäß. Führen Sie das Schambein nach oben in Richtung Bauchnabel und spannen Sie die innere Muskulatur dabei an, ohne die Gesäß- oder Bauchmuskulatur zu benutzen. Beim Anspannen der Beckenbodenmuskulatur langsam ausatmen. 8-mal wiederholen.
Legen Sie sich auf die Seite, der untere Arm liegt unter dem Kopf, der obere ist vor der Brust aufgestellt, die Füße liegen aufeinander. Drücken Sie die Fersen fest aneinander und spreizen Sie das obere Knie. Atmen Sie dabei aus, halten Sie die Position einen Moment und schließen Sie die Knie beim Einatmen wieder. 3 x 5 Wiederholungen.
Legen Sie sich auf den Rücken und stellen Sie die Füße hüftbreit auf. Legen Sie die Hände neben den Körper, die Handinnenflächen zeigen nach oben. Schließen Sie beim Ausatmen die Scheide beziehungsweise den After und heben Sie dann den untersten Rückenwirbel an. Beim Einatmen den Rücken wieder senken. Heben Sie bei jedem weiteren Ausatmen immer einen Wirbel mehr vom Boden ab. Fahren Sie mit dieser Übung fort, bis nur noch Ihre Schultern und die Beckenbodenmuskulatur Ihren Körper halten.
Nehmen Sie den Kniestand ein. Falten Sie die Hände locker im Nacken zusammen. Spannen Sie den Oberkörper an und neigen Sie sich beim Ausatmen leicht nach hinten. Po und Rücken bilden eine Linie. 3 x 5 Wiederholungen.
Alltagshilfen
Die folgenden Hilfsmittel können den Alltag bei Blasenschwäche erheblich erleichtern:
Mehr Tipps bei Inkontinenz
Noch mehr Tipps bei Inkontinenz erhalten Sie in unserem Beitrag „Schwache Blase – das sollten Sie wissen“. Hier erfahren Sie auch, warum es wichtig ist, Harnwegsinfekte gut auszukurieren, um einer Blasenschwäche vorzubeugen.
Beckenboden zwischendurch stärken
Auch zwischendurch lässt sich der Beckenboden immer mal wieder unbemerkt trainieren, zum Beispiel beim Sitzen in der Bahn oder im Büro. Den Beckenboden dafür 5-mal hintereinander anspannen und wieder lockern.
Bernhard Ebbert,